dm Verteilzentrum, Waghäusel

Der doppelte Plural im Titel meines Farbkonzepts für das dm-Verteilzentrum Waghäusel erfasst die Quintessenz meines künstlerischen Gedankens: In der Gestaltung dieser Halle, die bis auf den Boden und die Deckenpaneele alle Elemente berührt, ging es um Vielfalt statt Monotonie, um immer neu geweckte Aufmerksamkeit in der Routine, um größtmögliche Lebensqualität für rund 300 MitarbeiterInnen in einem hochautomatisierten Arbeitsprozess. Die Dimensionen des Raums wie auch die Komplexität der logistischen Prozesse erforderten für die Menschen, die in ihm arbeiten, einen selbstbewussten, ausdrucksstarken künstlerischen Eingriff, der nicht in der funktional bestimmten Struktur des Raums verschwindet, sondern in Harmonie mit dieser Struktur als eigenständiger Organismus lebt und atmet.

Ein wichtiger Faktor für das Gelingen dieses Konzepts, war die Tatsache, dass technische und künstlerische Planung sehr eng ineinander greifen konnten. Bereits in der Vorfabrikation der Konstruktionselemente erfolgte die Lackierung, was nicht nur die Montage erleichterte, sondern zum Effekt hatte, dass durch die Farbgestaltung keinerlei Mehrkosten verursacht worden sind.

Farbe ist ein Primärreiz, Farbe gibt Impulse, Farbe wirkt orientierend. In Waghäusel ging es darum, einen Farborganismus zu schaffen, dessen Energie sich in einer klaren Ordnung entfaltet. Die Farben der Halle und ihrer Technik nehmen den Strom der Waren wie ein Flussbett auf und begleiten die Menschen in den Arbeitsabläufen. Den großen Rahmen bildet eine Entwicklung aller eingesetzten Farbtöne vom Dunklen zum Hellen von unten nach oben, die in der Kommissionier-Halle ein Gefühl des Aufsteigens, ein direkt wahrnehmbares Bild der Entwicklung von der Erde zum Licht hin erzeugt.

Rot, Orange, Dunkelgelb, Hellgelb, Grün, Blau, Violett -sieben Farben, die industriellen Standards entsprechen (sie entstammen sämtlich der RAL-Classic-Skala) und zugleich vielfältige Symbolträger bis hin zur Bezeichnung der Planeten sind. Sieben Farben, die eindeutig sind, keine dezenten Pastelltöne, welche mit den Grau- und Brauntönen der Warenkartons zu einem undefinierten Schleier der Tristesse verschwimmen würden, sondern expressive Farben, die jede für sich „Ich bin da!“ sagen und tagtäglich zur immer neuen bewussten Wahrnehmung auffordern, mit den Menschen in der Halle leben und den Fluß von Wareneingang, Kommissionierung und Warenausgang in ein sinnlich erfahrbares Bild fassen

Logistik bedeutet eindeutiges Handeln innerhalb von komplexen und vielschichtigen Prozessen. „Logos“, wörtlich übersetzt die „Rede“, das ist im Sinne Heraklits die die Welt durchwirkende Gesetzmäßigkeit. Hier liegt die Schnittstelle zur funktionalen Ästhetik des Farbkonzepts. So haben die Farben auch die Funktion eines Leitsystems, z.B. blau die Senkrechten der Regalkonstruktionen, grün die Durchgangsbereiche, dunkelrot alle Antriebselemente der Transportbahn, orange die Steuerungskomponenten. Darüber hinaus werden sie aber auch in freier künstlerischer Gestaltung zur Gliederung und Akzentuierung der gewaltigen Dimensionen dieser Räume eingesetzt. Genau wie die Menschen, die hier arbeiten, existieren die Farben in der Halle als Teile eines konzentrierten Arbeitsablaufs und gleichzeitig als selbständige Individuen.